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Dauer der Wahl des Verwaltungsratsmitglieds einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft

Immer wieder taucht die Frage auf, wie lange genau eine Person, die in den Verwaltungsrat einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft gewählt wurde, eigentlich im Amt ist.

Grundsätzlich beurteilt sich die Amtsdauer gemäss den Statuten der jeweiligen Aktiengesellschaft. Falls in den Statuten zur Amtsdauer nichts festgehalten ist, beurteilt sich diese gemäss dem entsprechenden Bestellungsbeschluss durch das zur Bestellung zuständige Organ. In der Regel ist das das oberste Organ (im Folgenden soll daher nur mehr von der Generalversammlung die Rede sein). Die Gestaltungs­möglichkeiten sind in Bezug auf die Höchstdauer pro Wahlvorgang, nicht aber in Bezug auf die Wiederwahl durch das Gesetz, eingeschränkt. Die Mitglieder der Verwaltung werden von der Generalversammlung gewählt, und zwar das erste Mal auf höchstens drei und später auf höchstens sechs Jahre. Für die ersten drei Jahre können die Mitglieder der Verwaltung durch die Statuten bezeichnet werden (Art. 341 Abs. 1+2 PGR). Die Mindestdauer beträgt in der Regel mindestens ein Jahr, wobei an sich auch eine kürzere Amtsdauer zulässig sein dürfte, soweit dadurch die Funktionsfähigkeit des Verwaltungsrats nicht beeinträchtigt wird. Eine Mandatsdauer von beispielsweise nur zwei Monaten würde diese Funktionsfähigkeit sicherlich beeinträchtigen.

Die jährliche Bestätigung im Amt bei mehrjähriger Amtsperiode ist nicht zu empfehlen. Eine Wiederbestellung bzw. Wiederwahl zu einem dem Ablauf der Amtsperiode nicht nahen Zeitpunkt widerspricht dem Sinn und Zweck der Befristung des Verwaltungs­ratsmandats und wird deshalb als nicht zulässig angesehen (siehe hierzu auch PSR Die Privatstiftung 2013/39).

Bereits durch die Wahl in den Verwaltungsrat durch die Generalversammlung und die Annahme der Wahl durch die gewählte Person ist das Verwaltungsratsmitglied rechtsverbindlich im Amt, d.h. die Eintragung im Handelsregister ist nur deklara­torischer Natur (Art. 950 Abs. 3 PGR). Denkbar ist freilich aber auch Wahl/Annahme auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft (z.B. ab dem 1. Januar eines bestimmten Jahres), wobei bis zu jenem Tag allerdings die Amtsausübung durch bisherige bis zu jenem Zeitpunkt ordentlich gewählte Verwaltungsratsmitglied gewähr­leistet sein muss.

Art. 341 PGR spricht von Amtsdauer in Jahren. Dies würde grundsätzlich bedeuten, dass die Amtsdauer mit dem Ende eines oder mehrerer Kalenderjahre nach dem Wahldatum abläuft, wobei eine solche starre Regelung selbstverständlich «unzweckmässig» wäre. Regelmässig halten sowohl die Statuten der Aktiengesellschaft als auch das Protokoll der entsprechenden Generalversammlung nur die Wahldauer in Jahren (also z.B. 3 Jahre) oder die Geschäftsjahre für welche die Wahl gelten soll, fest und schweigen über den genauen Tag des Ablaufs der Amtszeit. Die Wahlperiode beginnt wie dargelegt, Annahme der Wahl vorausgesetzt, mit dem Datum der Generalversammlung, welche die Wahl vorgenommen hat, und endet, unter Vorbehalt anderweitiger Statutenbestimmungen, mit der ordentlichen Generalver­sammlung, die auf den Ablauf des Geschäftsjahres, für welches die Wahl vorgenommen worden ist, folgt. Die Wahlperiode dauert somit von Generalver­sammlung zu Generalversammlung, ebenso für die Revisionsstelle.

Wird ein Verwaltungsratsmitglied nach Ablauf seiner Amtszeit weder abgewählt, noch wiedergewählt (weil bspw. die Wiederwahl schlichtweg vergessen wurde), übt aber sein Amt weiterhin aus, so ist – zumindest gemäss einem Teil der Lehre – darin eine stillschweigende Verlängerung der Amtsperiode zu sehen (Basler Kommentar OR II-Wernli/Rizzi, Art. 710 N 2). Ein anderer Teil der Lehre vertritt den Standpunkt, dass das Verwaltungsratsmandat bei «vergessener» Wiederwahl bis zur nächsten Generalver­sammlung fortbestehe, an welcher die traktandierte Wahl zur Abstimmung gelange (Krneta, N 404 und 427; Vetter, S. 146 f.; Müller/Lipp/Plüss, S. 55 f.). Allerdings ist zu beachten, dass das Bundesgericht davon ausgeht, dass diesfalls die Aktiengesellschaft einen Organisationsmangel nach Art. 731b OR (vgl. Art. 971 Abs. 1 Ziff. 1 PGR für Liechtenstein) aufweisen würde, da alles andere mit dem Konzept der Willensbildung der Aktionäre im Rahmen der Generalversammlung, wonach ein Beschluss erst mit dem Zustandekommen des Quorums als angenommen und sonst als abgelehnt gilt, nicht zu vereinbaren wäre und eine positive Willensäusserung in der Generalversammlung im Lichte von Art. 710 OR (vergleiche für Liechtenstein Art. 341 PGR) erforderlich sei (Urteil des Bundesgerichts 4A_235/2013 vom 27. Mai 2014, E. 2.1 und 2.8).

Grundsätzlich empfiehlt sich, dem Problem des Endes der Amtsdauer mit einer entsprechenden Regelung in den Statuten zu begegnen und somit Klarheit und Einheitlichkeit zu schaffen. Ein möglicher Lösungsansatz wäre z.B.: «Die Amtsdauer der Mitglieder des Verwaltungsrates dauert so lange, bis die Generalversammlung eine Neu- oder Bestätigungswahl vorgenommen hat. Vorbehalten bleiben vorheriger Rücktritt oder Abberufung.» Anzumerken bleibt aber freilich, dass diese Lösung die Gefahr birgt, dass der Verwaltungsrat, dem in der Regel gemäss Art. 167 Abs. 1 PGR die Einberufung der Generalversammlung obliegt, diese verzögert, um seine Amtsdauer zu «verlängern». Auch dem kann natürlich entgegengewirkt werden, indem in den Statuten festgehalten wird, bis zu welchem Zeitpunkt die ordentliche Generalversammlung durchzuführen ist.

Man sieht aber auch immer wieder, vor allem in Wahlprotokollen aus Generalver­sammlungen Stichtage, an denen die Amtsdauer endet (z.B. 31. Dezember eines bestimmten Jahres) und welche nicht direkt aus den Statuten ableitbar sind. Falls der Nachfolger an jenem Stichtag noch nicht gewählt worden sein sollte, kann das zu Verwerfungen führen, weshalb klarerweise eine Amtsdauer bis zur Generalver­sammlung, in der der Nachfolger gewählt wird, vorzuziehen ist. Dies birgt klarerweise auch den Vorteil, dass Ende der Amtsdauer und Wahl des Nachfolgers zeitlich zusammenfallen und noch zu erledigende Geschäfte wie Entlastung (Art. 338 Abs. 2 Ziff. 3 PGR) der austretenden Person ebenfalls zum selben Zeitpunkt erledigt werden können.

Neben dem Ablauf der Amtsdauer gibt es noch weitere Gründe für das Ausscheiden eines Verwaltungsratsmitglieds, welche abschliessend der Vollständigkeit halber an dieser Stelle kurz Erwähnung finden sollen:

a. Tod oder Handlungsunfähigkeit des Verwaltungsratsmitglieds

b. Wegfall statutarischer Wählbarkeitsvoraussetzungen («Altersguillotine»)

c. Abwahl

d. fehlende Erfüllung des Domizilerfordernisses

e. Rücktritt

f. Auflösung der Gesellschaft