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Russland-Sanktionen – Herausforderungen für Liechtensteinische Treuhänder

Täglich treffen uns alle die letzten Tage neue Meldungen über einen Krieg mitten in Europa. Man wacht auf und prüft, was nachtsüber geschehen ist. Man macht sich Sorgen über Bekannte, teilweise Verwandte in den umkämpften Gebieten. Das zweite was man prüft, jedenfalls als Compliance-Officer, sind die neuen Sanktionen.

Diese umzusetzen kann zu einer Herausforderung für FL Finanzintermediäre, insbesondere Treuhänder führen – je nach Kundenstruktur sind Unternehmen mehr oder weniger betroffen.

Nachstehend eine kurze Zusammenstellung der Sanktionen (Stand 1.3.2022) sowie Überlegungen zur Umsetzung. Selbstverständlich kann kein Anspruch auf Vollständigkeit gewährt werden und ist jeder Betrieb anders aufgestellt. Es sei auch und in erster Linie an die damit verbundenen Meldepflichten und die hier drohenden Sanktionen bei Verletzung der Sanktionsverordnungen erinnert. Eine juristische Beratung mag unter Umständen notwendig sein.

Basis für die entsprechenden Sanktionen ist die Verordnung vom 16. September 2014 über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine in der geltenden Fassung.

Die Verordnung beinhaltet Massnahmen zur Beschränkung des Handels (Art. 3 bis 6) sowie finanzielle Beschränkungen (Art. 7 bis 8) und Sperre von Geldern (Art. 9). Daneben gibt es noch weitere, Finanzintermediäre nicht direkt betreffende Massnahmen (Einreise, Flugverbot etc.).

Beschränkungen des Handels

Neben der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern und militärischen Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen (insbesondere auch Finanzdienstleistungen) diesbezüglich, sowie die Einfuhr von Schusswaffen aus Russland und der Ukraine ist für Treuhänder sicherlich die Meldepflicht massgebend, welche für Güter der Ölindustrie (Verkauf, die Lieferung, die Ausfuhr und die Durchfuhr) gilt, sofern diese für die Erdölförderung in Russland eingesetzt werden. Die Verordnung beinhaltet diesbezüglich eine ellenlange Liste, welche

  • diverse Rohstoffe wie Salz, Schwefel, Erden, Steine, Silber, Gold, Platin
  • Metallschrott, Eisen und Stahl
  • Waren aus Gusseisen, Aluminium, Kupfer, Nickel oder Zink

beinhaltet.

Daneben sind, wie man erwartet auch Grossgeräte, Turbinen, Maschinen und Fahrzeuge aller Art welche für Erdölbohrungen etc. verwendet werden genannt.

Die Liste enthält aber auch:

  • Werkzeuge aller Art
  • Pumpen, Klimageräte
  • Kühl-/Gefrierschränke
  • Geschirrspülmaschinen
  • Wiegevorrichtungen
  • Landwirtschaftsfahrzeuge
  • Rechenmaschinen und PCs etc.

Dieselben Waren dürfen auch nicht in die Gebiete Krim, Sewastopol und die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete (beinhalten diese auch nun durch Russland gehaltene Gebiete?) der ukrainischen Oblaste Donezk und Luhansk» ausgeführt werden. Des Weiteren ist bei Gütern aus den Gebieten » ein Herkunftsnachweis aus der Ukraine notwendig.

Nebst der Sensibilisierung und Information der Mitarbeitenden empfiehlt es sich jedenfalls bei Vertragsschliessungen zu prüfen, ob der Vertrag in irgendeiner Weise in Verbindung zu russischen bzw. ukrainischen Unternehmen oder zu Russland oder der Ukraine selbst in Beziehung steht (Vertragspartner, Lieferung, Zwischenhändler, etc.) und falls ja, ob entsprechende Güter betroffen sind. Es scheint wichtig, nicht nur bezüglich dieser, sondern auch bezüglich anderer Sanktionsverordnungen, sofern nicht schon in Kraft, Prozesse zu definieren, um sicherzustellen, dass Verträge von durch Treuhänder verwaltete Strukturen auf die Sanktionsverordnungen hin überprüft werden.

Finanzielle Beschränkungen

Betroffen sind vor allem der Handel mit Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten aus Russland. Betroffen sind mittlerweile 9 russische Banken (Sberbank, VTB Bank, Gazprombank, Vnesheconombank (VEB), Rosselkhozbank, Alfa Bank, Bank Otkritie, Bank Rossiya, Promsvyazbank), die Regierung/Russland selbst sowie deren Zentralbank, aber auch verschiedene (staatliche) Unternehmen.

Hier kann man davon ausgehen, dass die involvierten Banken die entsprechenden Sanktionen umsetzen – allerdings ist man gut beraten zu prüfen, ob dies alle Banken machen. Es ist daher ratsam bei Banken aus Staaten, welche die Sanktionsmassnahmen nicht umsetzen oder wo dies nicht klar ist, nachzufragen und ein Auge auf allfällige Investments zu halten.

Neu ist zudem den Banken verboten, Einlagen von russischen Staatsangehörigen oder in Russland ansässigen natürlichen Personen oder von Unternehmen oder Organisationen mit Sitz in Russland entgegenzunehmen, wenn der Gesamtwert der Einlagen der natürlichen Person, des Unternehmens oder der Organisation pro Bank 100 000 Euro oder den Gegenwert in Schweizer Franken übersteigt.

Ebenso ist es verboten, auf Euro oder Schweizer Franken lautende übertragbare Wertpapiere, die nach dem 12. April 2022 begeben wurden, oder mit einem Engagement hinsichtlich solcher Wertpapiere verbundene Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren an russische Staatsangehörige natürliche Personen mit Wohnsitz in Russland oder Unternehmen oder Organisationen mit Sitz in Russland zu verkaufen.

Diese Massnahme betrifft mit anderen Worten alle russischen Staatsangehörigen, soweit diese nicht Staatsangehörige Liechtensteins oder eines Mitgliedstaats der Europäischen Union sind oder über einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel in Liechtenstein oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verfügen.

Die Einlagen können ausnahmsweise durch die FIU genehmigt werden (u.a. Bezahlung angemessener Honorare und Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der Erbringung juristischer Dienstleistungen; Anwaltskanzleien können daher aufatmen).

Es ist zudem damit zu rechnen, dass über kurz oder lang die Sanktionen auch auf wirtschaftlich Berechtigte ausgedehnt werden. Problematisch dürfte es dann für russische Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz oder Grossbritannien werden (sofern FL Banken betroffen sind).

Verboten ist letztlich die Gewährung von Darlehen und Krediten an Unternehmen und Organisationen in den bezeichneten Gebieten, der Erwerb und die Ausweitung von Beteiligungen an Unternehmen und Immobilien in den bezeichneten Gebieten sowie die Gründung von Jointventures zusammen mit Unternehmen und Organisationen in den bezeichneten Gebieten und die Erbringung entspr. Dienstleistungen. Wie bereits bei den Handelsbeschränkungen erwähnt, ist es notwendig, eine sinnvolle und verhältnismässige Überprüfung von abzuschliessenden Verträgen in den internen Prozessen eingeführt zu haben.

Sperre von Geldern

Letztendlich, und das sind die Massnahmen, die allerorten bekannt sind, werden Gelder und (!) wirtschaftliche Ressourcen im Eigentum oder unter direkter oder indirekter Kontrolle der in Anhang 3 aufgeführten Personen und Unternehmen gesperrt. Betroffen sind mehrere Hundert Personen (viele mit Wohnsitz Russland und dem Umfeld von Putin bzw. der Duma zuzurechnen) und um die 50 Unternehmen/Organisationen. Auch hier kann die FIU Ausnahmen bewilligen.

Es handelt sich damit nicht nur um Gelder von natürlichen Personen bei Banken, sondern um jegliche wirtschaftliche Ressourcen von entsprechenden Personen.

Die Personen sind, soweit uns bekannt ist, in den üblichen Datenbanken wie World-Check bereits aufgenommen und die Listen sind damit relativ aktuell. Es zeigt sich aber hier, wie wichtig es ist, dass sämtliche relevanten Personen (Vertragspartner, Organe, wirtschaftlich Berechtigte) regelmässig mit den entsprechenden Datenbanken abgeglichen werden. Derzeit ist eine wöchentliche Überprüfung m.E. angezeigt.

Fazit

Die Finanzintermediäre sind derzeit gefordert, insbesondere, weil derzeit fast täglich die Sanktionslisten und Massnahmen ändern. Nun zeigt es sich, ob eingeführte Prozesse genügend sind oder ob hier Anpassungen vorgenommen werden müssen. Es empfiehlt sich derzeit sicherlich eine regelmässige Überprüfung des Kundenstammes (Abgleich mit den Sanktionslisten) wie auch die Kontaktaufnahme vor allem zu ausser-europäischen Banken zwecks Überprüfung, ob diese die Massnahmen auch einhalten oder ob man bezüglich der entsprechend betroffenen Mandate selbst Massnahmen ergreifen muss, um zu verhindern dass ein Handel mit verbotenen Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten aus Russland – sofern dies denn überhaupt faktisch noch möglich ist – erfolgt.