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Italien: Steuerliche Qualifikation einer Liechtensteiner Familienstiftung

In einem Antrag auf behördliche Auslegung (interpello) hatte sich die italienischen Steuerverwaltung (Agenzia delle Entrate) unlängst mit der Frage zu beschäftigen, ob eine liechtensteinische Stiftung mit italienischen Begünstigten als steuerlich transparent oder intransparent einzustufen war (Interpello 9/2022vom 9. Januar 2022).

Die Stiftung war Anfang der 80er Jahre von neun in Italien ansässigen Stiftern errichtet worden und das Stiftungsvermögen bestand im Wesentlichen aus Forstbesitz in Österreich. Die Stifter sind seit Längerem verstorben und die heutigen Begünstigten sind die Nachkommen der Stifter in zweiter und auch dritter Generation, die ebenso alle in Italien wohnhaft sind. Die Stifung hatte im Jahr 2020 ihren Forstbesitz in Österreich veräussert und wollte den Veräusserungserlös an die zahlreichen Begünstigten ausschütten.

Die Antragsteller und Stiftungsbegünstigten beantragten daher von der Behörde eine verbindliche Auskunft dahingehend, ob die zu erwartende Ausschüttung für die Begünstigten einkommenssteuerfrei sei bzw. ob der erzielte Veräusserungsgewinn der Stiftung oder den Begünstigten steuerlich zurechenbar sei.

Die Stiftung hat drei Organe: den Stiftungsrat, den Beirat und die Begünstigtenversammlung.

Der Stiftungsrat besteht aus zwei nicht in Italien ansässigen Personen, die unabhängig, weisungsfrei und nach eigenem Ermessen agieren. Begünstigte oder ihnen nahe stehende Personen dürfen nicht als Mitglied des Stiftungsrates bestellt werden. Der Stiftungsrat darf nur aus wichtigem Grund vom Beirat abberufen werden.

Der Beirat besteht aus sechs Mitgliedern, die unter den Mitgliedern der Begünstigtenklasse gewählt werden. Die Befugnisse des Beirats sind die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsrates aus wichtigem Grund sowie ein Anhörungs- und Informationsrecht in Bezug auf die Stiftungsverwaltung und insbesondere im Falle der Veräusserung von bedeutenden Teilen des Stiftungsvermögens oder der Auflösung der Stiftung.

Die einzige Befugnis der Begünstigtenversammlung ist die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Beirates.

Den Begünstigten steht keine direkte oder indirekte Verfügungsbefugnis über das Stiftungsvermögen und insbesondere auch kein Rechtsanspruch zu. Die Mitglieder der Begünstigenklasse sind allesamt namentlich bestimmt und sind der österreichischen Steuerbehörde offengelegt worden.

In der Stiftung waren somit hinsichtlich Foundation Governance und Intransparenz die vom Steuerabkommen Österreich-Liechtenstein diktierten und recht strengen Intransparenzkriterien abgebildet worden, sodass die Stiftung aus österreichischer Sicht (Ort des belegenen Vermögens) wohl als intransparent anzuerkennen ist.

Die italienische Steuerbehörde führte in ihrer Beantwortung zunächst aus, dass eine liechtensteinische Familienstiftung steuerlich analog wie ein Trust zu behandeln sei, zu dessen Besteuerung in Italien mittlerweile recht umfangreiche Literatur und Rechtsprechung existiert.

Sodann hielt die Steuerbehörde fest, dass es für die Bejahung der steuerlichen Intransparenz wesentlich sei, dass der Stiftungsrat die effektive Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Stiftungsvermögen inne habe. Die Foundation Governance wie oben beschrieben war erst 2020 eingeführt worden, u.z. acht (!) Tage vor der Veräusserung des Forstbesitzes. Zuvor galt die Begünstigtenversammlung als das oberste Organ der Stiftung und hatte umfangreiche Befugnisse, während der Stiftungsrat eine mehrheitlich passive Funktion hatte. Dieser Umstand bzw. dieses schlechte Timing wurde den Antragsstellern zum Verhängnis, weil nach Ansicht der Behörde die steuerliche Würdigung sehr wohl auch die ursprünglichen Stiftungsdokumente und die frühere Governance der Stiftung berücksichtigen müsse. Aber auch die neue Foundation Governance sah die Steuerbehörde als schädlich für die erstrebte Intransparenz an, weil der Stiftungsrat gemäss Sachverhalt nicht gänzlich unabhängig vom Beirat handeln könne. Denn insbesondere das Abberufungsrecht des Beirates (bestehend aus Mitgliedern der Begünstigtenklasse), obgleich nur aus wichtigen Grund ausübbar, wurde von der Steuerbehörde als steuerschädlicher Einfluss der Begünstigten auf die Stiftungsverwaltung gewertet.

Die gute Nachricht ist, dass die Rechtsansicht der Steuerbehörde für die Begünstigten dennoch keine negativen Steuerfolgen gehabt hat. Denn der von der Stiftung erzielte Veräusserungsgewinn auf den Forstbesitz, der aufgrund der steuerlichen Transparenz der Stiftung den Begünstigten persönlich zugerechnet wurde, führte dennoch zu einer Steuerfreiheit, weil der zivilrechtliche Erwerb (durch die Stiftung) mehr als fünf Jahre zurücklag.

Eine interessante, aber auch stark kritisierte Rechtsansicht hat die Behörden ferner zum Thema Erbschaftssteuer vertreten. Die Steuerbehörde hat die Anwendung der italienischen Erbschaftssteuer auf den Ausschüttungsbetrag bejaht, obwohl die Stifter allesamt schon seit vielen Jahren verstorben sind und die heutigen Begünstigten zum Teil nicht deren unmittelbare Erben sind. Die Agenzia delle Entrate hat ihre Ansicht damit begründet, dass gemäss Stiftungsreglement die ursprünglichen Begünstigtenrechte der Stifter an die heutigen Begünstigten kraft Erbrecht übergegangen seien, hat aber dabei übersehen, dass die Begünstigtenrechte nicht vererebt werden können und daher ausschliesslich kraft Stiftungsreglement und nicht kraft Erbrecht übergegangen sind.

Während die vorliegende Stiftungsgestaltung nach österreichischer oder auch deutscher Rechtsauffassung wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit als intrasparent anerkannt worden wäre, ist die einkommenssteuerliche Abschirmwirkung nach italienischer Lesart aufgrund einer als zu hoch eingestuften Einflussnahme durch die Begünstigten gescheitert.

Der Fall zeigt exemplarisch die wiederkehrende Herausforderung in der Beratung auf, den Spagat zwischen erforderlichem Vermögensopfer und Verselbständigung einer Stiftung einerseits und gewünschter bzw. notwendiger Kontrolle durch Stiftungsbeteiligte (insbesondere Begünstigte) andererseits zu schaffen. Es ist die Kunst, aber auch der Kraftakt der täglichen Beratung, die Balance zu finden und zu ermöglichen zwischen der Flexibilität, die das liechtensteinische Stiftungsrecht bietet, und den – in der Regel sehr strengen – Anforderung der ausländischen Steuerrechtsordnungen für die Anerkennung einer intransparenten Struktur.